Das Auto
Talisman Grandtour Life Energy dCi 130
(6-Gang, Komfortpaket, 18“-Felgene Ceres, AHK, sonst Serienaussattung)
Zusammenfassung
Die ersten knapp 1000 km mit unserem neuen Grandtour waren super. Das Auto erfüllt alle Erwartungen, übertrifft einige und enttäuscht bisher in keinerlei Hinsicht.
Vorüberlegungen zum Kauf
Zu ersetzen war ein Volvo V 70 II, der uns bis 350 Tsd. km treue Dienste geleistet hat. Dabei schwebte uns vor, einen alten Diesel-Bulli als Umweltprämie einzubringen. Unter den wenigen Herstellern, die zuletzt noch eine Umweltprämie anboten, waren die Konzernschwestern VW, Skoda und Seat und eben Renault. Meine Frau hätte lieber (irgend)einen SUV gehabt, die lehne ich aber prinzipiell ab … Blieben Golf/Passat Variant, Octavia/Superb Kombi und Seat Leon ST in der Wahl, von Renault der Megane/Talisman Grandtour. Einen Mazda 6 Kombi hätte ich auch noch schön/interessant gefunden, den schlug der Renault aber preislich aus dem Rennen.
Letztlich hat ein unfassbarer Rabatt den Ausschlag für den Talisman gegeben (und die bei allen Händlerbesuchen und Probefahrten freundlichste und angenehmste Beratung durch den Renault-Händler) Ich hätte ihn aber auch bei gleichem Preis einem Passat oder Superb vorgezogen, einem Golf oder Octavia sowieso. Und wenn ich jetzt im Talisman durch die Gegend gleite und auf die endlosen Schlangen entgegenkommender Golf/Passat/Octavia/Insignia etc. blicke, habe ich das dringende Gefühl, im richtigen Auto zu sitzen … Schade für Renault, dass sich ein französisches Auto in der Klasse in Deutschland nach wie vor nicht nennenswert verkaufen lässt, egal, was die Hersteller sich einfallen lassen - schön für den, der für vergleichsweise wenig Geld ein exklusives Auto haben möchte, dass man nicht an jeder Straßenecke sieht.
Von meinen bisherigen Autos sind mir in bester Erinnerung geblieben: Citroen CX TRD II, Citroen XM 2.0, Alfa Romeo 156 1.9 TDM Sportwagon, Volvo V 70 II 2.4. Mit der von diesen Autos ausgehenden Zufriedenheit muss sich nun der Talisman messen. Ich handele dazu mal ein paar Punkte ungefähr in der Reihenfolge meiner Priorität ab:
Design, Charakter, Individualität
Renault hatte ich lange nicht auf dem Schirm, das Design der meisten aktuellen Modelle gefällt mir aber recht gut. Citroen ist für mich seit der Einstellung des C6, der Abkehr der Hydropneumatik und damit verbundenen Schließung des eigenen Hydraulikwerks, der unsäglichen Überarbeitung des Doppelwinkels, dem grauenhaften Design der DS-Modelle (schon beim Schreiben der Buchstaben „DS“ im Zusammenhang mit diesen Manga-Autos sträubt sich meine Tastatur…) etc. leider gestorben. Peugeot hat für mich in den letzten 20 Jahren auch nichts merh auf die Reihe bekommen, was ein würdiges Erbe von 404, 504 oder 205 angetreten hätte.
Der Talisman Grandtour ist meiner Meinung nach eines der schönsten aktuellen Kombi-Modelle auf dem Markt. Front und Heck gefallen mir richtig gut, rund um das Auto gibt es doch einiges zu entdecken, wie die Falzen der Motorhaube oder auch die Vertiefung im letzten Viertel des Dachs. Wirkt die Silhouette auf Bildern ein wenig plump, verstrahlt das Auto in natura doch ein gewisse Eleganz.
Natürlich hätte ich mir da insgesamt mehr Mut zu Innovation gewünscht, aber gut, wir reden von Renault. Da sind meine Erwartungen niedriger als die an Citroen … Dort war ja rückblickend selbst der seinerzeit von der Citroen-Gemeinde eher abgelehnte XM ein Innovations-Highlight. Anderseits ist dieser Mut kommerziell (außerhalb Frankreichs) nie belohnt worden und PSA schreibt erst wieder schwarze Zahlen, seit sie beliebigen Einheitsbrei vermarkten …
Vor diesem Hintergrund gefällt mir der Grandtour doch recht gut! In den zwei Monaten, seit ich ihn in die engere Wahl gezogen habe, sind mir ganze drei (!) davon auf der Straße begegnet. Auch das war für mich ein Kaufgrund: Zwischen den Heerscharen deutscher Mittelklasse-Kombis auf dem Parkplatz ist einer, der anders ist. Und das ist meiner Wenn ich diese Autos neben dem Talisman sehe, kommt es mir geradezu absurd vor, dass ich doch tatsächlich mit einer - vermeintlichen - „Vernunftslösung“ wie einem Passat oder Ocativia geliebäugelt habe)
Ach, warum für mich „Design, Charakter, Individualität“ an erster Stelle steht? Weil ich der Meinung bin, dass heute alle Autos innerhalb einer Klasse auf einem absolut vergleichbaren, wenn nicht identischem technischen und qualitativen Niveau sind. „Gurken“ gibt es nicht mehr, Motor- wie Fahrwerkstechnik erscheinen - auf Basis der „alten“ Technologien – seit Jahren ausgereizt. Nicht umsonst scheinen sich insbesondere die (deutschen) Premium-Marken vor allem über Fahrassistenzsystem und „Connectivity“ abgrenzen zu wollen. Der Rest ist kaum unterscheidbar. Also nehme ich da, was mich emotional am meisten anspricht, mir schlicht und einfach „gefällt“.
Innenraum
Da man ja mehr Zeit im Auto verbringt, als davor, finde ich die Innenraumgestaltung auch ziemlich wichtig. Der Talisman begeistert micht nicht, schreckt mich aber auch nicht ab wie die meisten Japaner (außer Mazda), Ford oder die aktuellen Volvo (leider). Den Talisman finde ich schön aufgeräumt, nicht zu verspielt, durchaus stimmig. Es gibt zum Glück auch nicht den Schalter- und/oder Digital-Overkill der deutschen „Premium“-Modelle. Ganz wichtig: Ich kann mir mit meinen 1,88m eine für mich perfekte Sitzposition einstellen. Die Sitze finde ich übrigens hervorragend, das Raumgefühl ist der Größe entsprechend sehr gut, auch auf dem Beifahrrersitz und hinten.
Der Kofferaum ist auch ok, die Ladefläche so lang wie beim Volvo, Zuladung und Anhängelast sind top (für die Motorisierung). Renault hätte sich bei Volvo allerdings gerne das ein oder andere zur Kofferraumnutzung abschauen können, wie z.B. das aus den Rückenlehnen nach oben herausziehbare und im Dachhimmel seitlich einhakbare Gepäcknetz – statt der aktuellen Bastellösung.
Fahrwerk
Schrieb ich weiter oben, dass heute alle Autos technisch identsich sind, muss ich hier doch feststellen, dass sich der Grandtour anders fährt als eine Suberb, Passat, Mondeo oder Insignia. Trotz aller Annäherung an den Mainstream hat Renault dem Talisman doch die typisch französischen Eigenschaften erhalten: Etwas behäbig, etwas schaukelig bei langen Bodenwellen – dafür aber einfach sehr komfortabel und entspannend. Mir gefällt das großartig, mich erinnert das Fahrgefühl sogar an wenig an meine alten großen Citroen, insbesondere wenn „Multi-Sense“, bzw. Lenkung auf „Comfort“ steht und man den Wagen mit zwei Fingern dirigiert. Doch, er hat schon einen eigenen Charakter.
Nicht optimal zu diesem Charakter passen die 18“-Räder, obwohl die rein optisch aufgrund der großen Radhäuser schon sein müssen … Aber gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten kann auch die Servo-Unterstützung nicht kaschieren, dass da viel Gummi bewegt wird, zudem gibt es Vibrationen und Abrollgeräusche. Schade, auch weil die Geräuschdämmung des Autos ansonsten wirklich gut ist – und die Nachteile der großen Räder damit gut hörbar macht.
Als Winterräder werde ich definitv kleinere Felgen nehmen und dann entschädigt in der dunklen Jahreszeit ein Plus an Komfort für die unharmonischere Optik.
- Fortsetzung folgt -